Neues Umweltschadengesetz


Am 14. November 2007 tritt das neue Umweltschadengesetz in Kraft

Mit Wirkung vom 30. April 2007 muss die Europäische Umweltrichtlinie 2004/35/EG in nationales Recht umgesetzt werden. Das entsprechende Gesetz - Umweltschadengesetz (USchadG) – tritt am 14. November diesen Jahres in Kraft mit Rückwirkung zum 30.04.2007.


Ziel

Ziel der Richtlinie ist, in der Europäischen Union ein hohes Umweltschutzniveau zu garantieren und der Gefahr von Umweltschäden entgegenzuwirken.

Durch die Einführung von umweltgesetzlichen Festlegungen sollen Artenvielfalt, natürliche Lebensräume, Gewässer und Boden geschützt werden. Gewerbliche und industrielle Unternehmer sollen damit zukünftig mehr in die Verantwortung genommen und für den Umgang mit der Umwelt weiter sensibilisiert werden. Zudem wird der Verursacher verpflichtet, bei einem drohenden oder eingetretenen Umweltschaden die zuständige Behörde zu informieren. Die erforderlichen Maßnahmen müssen dann mit der Behörde abgestimmt werden. Die Kosten wiederum trägt allein der Verantwortliche, egal ob die Maßnahmen von ihm selbst oder von der Behörde durchgeführt werden.


Wesentliche Inhalte

Im Sinn dieses Gesetzes ist ein Umweltschaden:

  • eine Schädigung von Arten und natürlichen Lebensräumen (Biodiversitätsschäden) nach Maßgabe des Bundesnaturschutzgesetzes.
  • eine Schädigung der Gewässer nach Maßgabe des Wasserhaushaltsgesetzes
  • eine Schädigung des Bodens durch eine Beeinträchtigung der Bodenfunktionen im Sinn des § 2 Abs. 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes, die durch eine direkte oder indirekte Einbringung von Stoffen, Zubereitungen, Organismen oder Mikroorganismen auf, in oder unter den Boden hervorgerufen wurde und Gefahren für die menschliche Gesundheit verursacht.


Das Gesetz enthält in § 13 eine Regelung, nach der ab dem 14. November 2007 die Behörden die Sanierung von Umweltschäden verlangen können, die nach dem 30.04.2007 verursacht wurden.

Die Umwelthaftungsrichtlinie ersetzt nicht die bestehenden Umwelthaftungsregelungen. Vielmehr wird das Umwelthaftungsrecht um ein weiteres Instrument ergänzt.

Das Umweltschadengesetz gilt nicht für Schäden die durch Emissionen, Ereignisse oder Vorfälle verursacht wurden, die vor dem Inkrafttreten der Richtlinie stattgefunden haben, oder die auf eine berufliche Tätigkeit zurückzuführen sind, die vor dem genannten Zeitpunkt geendet hat.


Öffentlich-rechtliche Haftung


Neu ist für das deutsche Umweltrecht, die Haftung an die berufliche Tätigkeit zu knüpfen. Sie beinhaltet jede Tätigkeit, die im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit, einer Geschäftstätigkeit oder eines Unternehmens ausgeübt wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Tätigkeit privat oder öffentlich, mit oder ohne Erwerbscharakter erfolgt. Dabei stehen im Fokus des Gesetzes Unternehmen, die der „Anlage 1“ unterliegen, dazu zählen u.a.:

  • Betrieb von industriellen u. landwirtschaftlichen Anlagen, für die eine Genehmigung erforderlich ist
  • Abfallwirtschaftsmaßnahmen
  • Einleiten von Schadstoffen in Gewässer
  • Lagerung, Verwendung u. Ableitung gefährlicher chemischer Stoffe (z.B. Chemikalien/Biozide, Pflanzenschutzmittel)
  • Beförderung, Verwendung u. Freisetzung genetisch veränderter Organismen (GVO)



Somit fallen die meisten produzierenden Unternehmen nach den neuen EU-Richtlinien unter eine Gefährdungshaftung, alle anderen „beruflichen Tätigkeiten“ unterliegen einer Verschuldenshaftung. Da eine Höchsthaftung nicht bestimmt wurde, haftet der Verursacher unbegrenzt.

Unklar ist derzeit noch, ob neben einer Haftung für Schäden infolge von Störfällen auch eine Haftung für Normalbetriebsschäden und sogenannten "Kleckerschäden" oder das Verplanschen gelten wird.

Folgende Haftungsverschärfungen entstehen:


  • Die Sanierung von Umweltschäden hat das Ziel, die geschädigte Umwelt in ihren Ausgangszustand zurückzuversetzen. Da bei diesen Biodiversitätsschäden voraussichtlich die Naturschutzbehörden die Sanierungsmaßnahmen zu beurteilen haben, könnten die Aufwendungen eventuell deutlich höher ausfallen als bei klassischen Restitutionsmaßnahmen. Somit kann die Unsicherheit bei der Höhe der Kosten für Vermeidungs- und Sanierungstätigkeiten zunehmen.
  • Für anerkannte Umwelt- und Naturschutzverbände ist das Recht eingerichtet, die zuständige Behörde zum Tätigwerden aufzufordern. Hierdurch ist eine erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber betrieblichen Tätigkeiten zu erwarten, da bereits im Vorfeld des Schadens agiert wird. Gleichzeitig wird eine höhere Sensibilität der interessierten Gruppierungen erwartet, die wohl zu einer schnelleren und häufigeren „Aufforderung zum Tätigwerden“ führt. Somit kann die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme steigen.
  • Im Falle der Vermeidungs- oder der Sanierungsmaßnahmen entscheidet die Fachbehörde über die notwendigen Maßnahmen oder wird gar im Rahmen einer Ersatzvornahme tätig. Der Betreiber hat die Kosten der Maßnahmen zu tragen. Vergleiche zwischen Schädiger und (privaten) Geschädigtem wie bisher werden kaum mehr möglich sein. Somit können die Kosten für Vermeidungs- und Sanierungstätigkeiten steigen.
  • Die Unternehmen unterliegen im Schadenfall Informationspflichten gegenüber der Behörde. Zur Abwehr von Ansprüchen sowie der Kostentragungspflicht dürfen die Betroffenen Gegendarstellungen vornehmen. Damit verbunden sind erhöhte Anforderungen an Unternehmen hinsichtlich Dokumentationssicherheit und Vollständigkeit.
  • Das USchadG geht von einer „Handelndenhaftung“ aus und eröffnet somit Zugriffsmöglichkeiten auch auf die Leitungsorgane und sonstigen Betriebsangehörigen, die Tätigkeiten für die betroffenen Unternehmen verrichten. Das Handeln der natürlichen Personen wird der juristischen Person zugerechnet.


Fallbeispiel: Aufgrund eines Störfalles des Betriebes kommt es in der Nachbarschaft zu einer Schädigung der Biodiversität (z.B. Vergrämung von Tieren od. Veränderung der Pflanzenwelt) mit Sanierungskosten in Höhe von 100.000,00 EUR. Bei Umweltschäden hat der Verantwortliche die Pflicht, die Gefahr sofort abzuwehren, die Behörde umfassend zu informieren, den Schaden zu begrenzen bzw. zu sanieren und die Kosten zu tragen. Die Behörde setzt diese Pflichten notfalls per Verwaltungszwang gegen den Verantwortlichen durch (§§ 7-9 USchadG).


Versicherungsschutz

Im Rahmen des derzeitigen Umwelt-Haftpflicht-Versicherungskonzeptes besteht Versicherungsschutz für Schadenersatzansprüche Dritter aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhaltes wegen Personen- oder Sachschäden durch Umwelteinwirkungen. Schäden am Umweltmedium selbst oder an der Biodiversität sind nicht vom Versicherungsschutz umfasst.

Zudem handelt es sich bei den Ansprüchen nach dem USchadG um öffentlich-rechtliche Ansprüche, im aktuellen Umwelt-Haftpflicht-Konzept sind jedoch nur zivilrechtliche Ansprüche versichert. Des Weiteren unterscheidet das Gesetz bei einem Umweltschaden nicht nach eigenem und fremdem Grund und Boden. Eigenschäden sind ebenfalls in der Haftpflicht-Versicherung nicht erfasst.

Auch eine mögliche Bodenkasko-Versicherung, die die Kosten für die Dekontamination von Erdreich, die der VN aufwenden muss, um die durch einen Sachschaden an Sachen des VN verursachte Kontamination zu beseitigen, ist für die umfassende Haftung keinesfalls ausreichend.

Die Versicherungswirtschaft arbeitet gegenwärtig noch an einer Versicherungslösung. Angedacht ist ein Baustein-Modell, das alle drei Arten der Sanierung abdeckt. Über die genauen Inhalte, Konditionen und Voraussetzungen einer Versicherungslösung ist aktuell noch nichts bekannt. Es ist allerdings bereits abzusehen, dass die Deckung nicht die gesamte Bandbreite der öffentlich-rechtlichen Haftung abdecken kann. So werden entsprechende Risiken aus dem Normalbetrieb ebenso wie vielleicht auch Entwicklungsrisiken wohl nicht unter einen zukünftigen Versicherungsschutz fallen.

 

Zusammenfassung / FAZIT

 

BISHER – Umwelthaftung (UHG)NEU - Umweltschaden (USchadG)
  • zivilrechtliche Ansprüche
  • Haftung für den durch die Umwelteinwirkung entstandenen weiteren (Folge-)Schaden
  • Schadenersatzansprüche Dritter
  • Haftung bei eingetretenen Umweltschaden
  • öffentlich-rechtliche Ansprüche
  • Haftung/Kausalität an die berufliche Tätigkeit geknüpft
  • Haftung für die Schädigung von geschützten Arten u. natürlichen Lebensräumen (Biodiversität) u. am Umweltmedium selbst
  • Haftung bereits schon bei einem drohenden Umweltschaden
  • Anzeigepflicht gegenüber der Behörde
  • Abstimmungspflicht mit der Behörde bzgl. der erforderlichen Maßnahmen
  • Kostentragung, unabhängig davon wer die Maßnahmen durchgeführt hat



Unternehmer sollten im Vorfeld klären, ob von ihnen Umwelteinwirkungen ausgehen, die in der Nachbarschaft haftungsrelevante Schäden auslösen können. Da hierzu bereits auch die Vergrämung von Tieren oder die Veränderung der Pflanzenwelt zählt, ist besondere Aufmerksamkeit geboten. Insbesondere das Abschätzen potenzieller Biodiversitätsschäden erfordert auch die Kenntnis, in welchem Ausgangszustand die Nachbarschaft tatsächlich war, und dass durch die betriebliche Einwirkung keine negative Auswirkung erfolgen kann.

Unser Haus wird Sie über die aktuellen Entwicklungen informieren und den möglichen Versicherungsschutz anbieten.